Ich habe mich heute Morgen auf dem falschen Fuß erwischt.
Ich weiß auch nicht, wie es genau dazu kam. Zumindest war es sehr dunkel in meinem Schlafzimmer, und ich fand den Lichtschalter nicht. Ich wollte die Beine über den Bettrand schwingen und meine Füße, wie jeden Tag, neben meine smaragdgrünen Pantoffeln setzen. Bevor ich dann in diese schlüpfen würde.
An diesem heutigen Morgen, der lichtmäßig noch nicht durch die Gardinen gekrochen war, wie gesagt, alles war dunkel, schwang ich meine Beine und war sicher, dass sich meine Füße in der richtigen Folge aufsetzen würden. Da gab es ein merkwürdiges Knacken, ausgehend von meiner Hüfte, über Knie und Sprunggelenk.
Ich sah hinunter und erkannte augenblicklich das Problem: ich hatte zwei linke Füße neben meine Pantoffeln gesetzt. Nun konnte es zu einer so frühen Morgenstunde durchaus sein, dass man gelenkmäßig nicht den richtigen Dreh fand, und ich musste über mich lachen! Zwei linke Füße, selbst die großen Zehen hatten sich dem Linkssein angepasst.
Meinen Pantoffeln, smaragdgrün und mit kleinen Perlen besetzt, erschien der Ernst dieser Lage aber keineswegs zum Lachen. Sie seien noch auf ihre Rechts- Links- Fußposition eingestellt. Und sie dächten keinesfalls daran, diese zu ändern. Ich konnte mir nicht helfen, ich musste prusten vor Lachen, verschluckte mich fast. Man denke sich nur, zwei linke Füße und Pantoffeln, die mit mir darüber streiten wollte und sich auf dem falschen Fuß erwischt fühlten.
Zuerst war ich gewillt, den Zustand zu ändern. Ich drehte etwas an der Hüftapparatur des einen Beines, mit dem Erfolg, dass dessen Ferse nun nach vorne schaute. Ich drehte zurück, wollte das ganze Bein aushängen und umschichten, aber nein, die Sehnen und Muskeln jammerten ob der Zerrung und zogen alles wieder in die Endstellung zurück. Es blieb dabei, ein Fuß war falsch.
Falsch herum passte er nicht in die Pantoffeln, deren Farbe sich immer mehr in wutgrün verfärbte. Auch sprengten sich einige Perlen los, und sie zischten mir entgegen, sie ließen sich keinen falschen Fuß unterschieben, selbst , wenn er in den rechten Pantoffel passen würde, nein, sie hätten ihre Anweisungen.
Mir verging das Lachen, weil ich nun einmal nicht ohne meine Pantoffeln laufen wollte. Ich fürchtete die kratzigen Teppichhaare auf meinen Fußsohlen, die Kälte der Fliesen, die Nässe im Bad. Was würden die Strümpfe dazu sagen, die Schuhe, ich sah eine Kette an Verwicklungen voraus, und meine Stimmung schwang in Ärger um.
Da hörte ich ein Gekicher, es drang in etwa aus Richtung meines Bettes, rechts unter der Bettdecke hervor. Ich schlug sie zurück und was lag da: mein rechter Fuß, ordentlich eingehängt an meinem rechten Bein. Ich war sprachlos. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass ich drei Beine hatte, sozusagen ein Ersatzbein für alle Fälle.
Es kicherte so stark, dass sich die Haut kräuselte, und sich die Zehen abwechselnd verhakten oder aufstellten. Es bog sich sozusagen vor Lachen, und dabei schnellte es nach oben, mir wurde schwarz vor den Augen, und ich fühlte mich kurzfristig sehr unsicher auf den Beinen. Ich setzte mich an den Bettrand.
Ich wusste nicht wie, aber meine Füße hatten sich auf jeden Fall wieder an ihre körperlich korrekte Ausrichtung erinnert. Ein rechter Fuß stand neben dem rechten Pantoffel und ein linker neben dem linken Pantoffel.
Unter der Bettdecke war es vollkommen still.
Von Ursula Ziemsen
Dieser Text erstand in der Kreativen Schreibnacht „Wort-Werkstatt: Sprichwörter und Redewendungen“ am 4.2.2014