Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Die Jagd

Veröffentlicht am 27.02.2014

Ein Märchen von Elisabeth Fischer

 Es war einmal eine Hexe, die wohnte in einem tiefen, tiefen Wald. Sie war klein und zierlich und hatte spitze Ohren. Um die zu verstecken trug sie immer einen großen schwarzen Hut. Sie hatte sehr helle blaue Augen, die immer lustig blitzten. 

Auf einer Lichtung, die von der Sonne hell überstrahlt wurde, stand ihr Häuschen, mit rotem Dach und einem Schornstein, aus dem sich der Rauch gegen den Himmel kräuselte. Die Vögel zwitscherten um die Wette, die Insekten summten und die Blätter der Bäume raschelten leise im Wind. 

Sie versteckte sich hier im Wald vor den Menschen, und vor deren ständigen Wünschen. Die einen wollten, dass sie ihnen Reichtümer herzaubere, die anderen wollten Liebestränke um jemanden gegen dessen Willen an sich zu binden. Wieder andere wollten von ihr, dass sie jemand, der irgendwem im Weg war, verschwinden lassen würde.

Das alles ging ihr ziemlich auf die Nerven. Sie trug zwar einen schwarzen Hut, doch sie war eine weiße Hexe. Sie wollte nur ihre Ruhe und mit der Natur in Einklang leben.

Mit ihr lebte auch ein kleines Wildschwein, das sie als Frischling im Wald mit einem verletzten Bein fand. Sie hatte es mit nach Hause genommen und gesund gepflegt. Und so blieb das Schweinchen bei ihr und sie führten ein glückliches Leben zusammen. Sie sammelte Kräuter und braute Tränke daraus und wenn sie im Wald ein verletztes Tier fand, nahm sie es bei sich auf und pflegte es gesund. So lebte sie glücklich und vergnügt.

Eines Tages klopfte es an ihrer Tür und als sie öffnete, stand vor ihr ein Mann, groß wie ein Bär und mit einem langen dunklen Bart. Er hatte einen grünen Anzug an und trug ein Gewehr über der Schulter. Es war der Jäger aus dem nächsten Dorf und er war schwer verletzt. Sein linkes Hosenbein war blutgetränkt und er konnte sich kaum auf den Beinen halten. 

So ließ sie ihn eintreten, legte ihn auf ihr Bett und schnitt ihm das Hosenbein auf. Offensichtlich hatte er sich mit einem Wildschwein angelegt. Der Hauer hatte eine tiefe Fleischwunde hinterlassen und wegen des großen Blutverlustes war er sehr schwach. Die kleine Hexe tat, was notwendig war. Die Wunde mußte genäht und mit geheimen Kräutern belegt werden. Als er sich ein wenig erholt hatte, gab sie ihm von ihrem Essen, Nudeln mit einer Kräutersoße, das war ihr Lieblingsessen und er aß die ganze Portion auf.

Die kleine Hexe schlief in dieser Nacht auf dem Fußboden und am Morgen hatte sich der Jäger so weit erholt, dass er aufstehen konnte. Und er sagte, dass er sich nun auf den Heimweg mache. Er packte sein Gewehr und ging, ohne Dank und ohne Gruß.

Als er aus der Tür trat, kam gerade das kleine Wildschweinchen vergnügt von einem Ausflug in den Wald zurück. Als es den großen fremden Mann in der Tür stehen sah, stutzte es. In dem Moment riß der Jäger das Gewehr hoch und erschoss das Tier mit seiner letzten Kugel. Die kleine Hexe erschrak, als sie den Schuß hörte und kam Böses ahnend gelaufen. Sie sah das tote Schweinchen am Boden liegen und ihr traten die Tränen in die Augen. Sie fragte: “Warum hast du das getan?”

Aber der Jäger lachte nur kalt und sagte zu ihr, dass er ausgezogen war ein Wildschwein zu jagen und nun hatte er endlich doch noch Erfolg gehabt. Und er sagte auch, dass er seine Jagdbeute mitnehmen würde, um das Fleisch zu verkaufen. Die kleine Hexe weinte sehr über den Verlust ihres Freundes. Aber der Jäger kannte kein Mitgefühl.

Da stieß sie in ihrer Verzweiflung einen grellen Pfiff aus und alle Tiere des Waldes kamen. Und sie sprach eine Verwünschung aus gegen den Jäger: “Nie mehr wirst du diesen Wald verlassen und nie sollst du Ruhe finden, weder im Leben noch im Tod, bis in alle Ewigkeit!” Und die Tiere bedrängten den Jäger und trieben ihn vor sich her. Da er keine Munition mehr hatte floh er immer tiefer in den Wald hinein. Und die Tiere drängten ihn bis zu der tiefen Schlucht und keiner hatte Erbarmen, als er stolperte und dann mit einem lang gezogenen Schrei in den tiefen Abgrund stürzte.

Als der Jäger nicht zurückkehrte schickten die Dorfbewohner einen Suchtrupp aus, aber nach einiger Zeit kamen die Männer unverrichteter Dinge zurück. Die Leiche des Jägers ward niemals gefunden. Seit dieser Zeit spukte es in dem Wald und die Dorfbewohner mieden ihn. Der Jäger aber, mußte mit seinem zerschmetterten Leib unruhig durch den Wald geistern und er verbreitete Angst und Schrecken unter den Menschen die ihm begegneten. 

Die kleine Hexe aber hatte nun endlich ihre Ruhe. Sie lebte zufrieden in ihrem kleinen Haus im Wald und in Harmonie mit allen Tieren bis an ihr Ende. Als nach hunderten von Jahren der ganze Wald von einem habgierigen Sägewerksbesitzer abgeholzt wurde, fand endlich auch der Jäger seine Ruhe.    

Dieser Text entstand in der Kreativen Schreibnacht „Es war einmal – Magie der Märchen“ im Januar 2014  im Museum Quintana/Künzing

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?